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Mischling

Hundeschnauze

Mal ehrlich, woran denkst du als erstes, wenn du das Wort „Mischling“ hörst?

Ist das ein Mischling?

Genau. Bei mir funktioniert da auch ein Schalter im Gehirn, der beim Wort „Mischling“ automatisch auf „Hund“ umleitet. Du kannst auch einfach mal googlen und schauen, was dabei rauskommt.

Wenn du „Mischling“ bei Google eintippst bekommst du… jupp, Hunde.

Eigentlich ist das doch schon ausreichend, oder?

Herkunft

Na gut. Ein bisschen Hintergrund biete ich dir an. Den Rest musst du dir aber selbst herleiten, in Ordnung?

Mal überlegen. Wir haben es mit einem Begriff zu tun, den wir in der Regel für Tiere benutzen. Meines Erachtens ein klares Indiz, dass dieser Begriff für Menschen tabu sein sollte. Schauen wir uns doch mal an, auf welcher Basis dieser Begriff beruht.

Ganz banal gesagt ist ein „Mischling“ doch eine „Mischung“ zwischen bestimmten Merkmalen, die wir unterscheiden. Das könnte dann im Prinzip jede und jeder sein, egal ob Tier oder Mensch, denn wir alle sind eine Mischung aus unseren beiden Elternteilen und dem Erbgut, das da so über die Jahrhunderte zusammengekommen ist. In der Tierwelt verwenden wir den Begriff „Mischling“ aber nicht für jedes Tier, sondern nur für Tiere, die einer Kreuzung von unterschiedlichen Rassen entstammen. Im Umkehrschluss bedeutet das zweierlei:

Alternativen
Im Deutschen kannst du am besten "Afro-Deutsch" oder "Schwarze Deutsche" verwenden. Für konkrete Kontexte ist auch "Schwarze/r" oder "Deutsch-Kameruner/in" möglich. Als Sammelbezeichnung bietet sich "People of Colour" (POC) an.
  1. Es gibt eindeutig voneinander abgrenzbare Rassen. Dementsprechend gibt es Rasse-Tiere (der Begriff wird für reinrassige Tiere verwendet, bezeichnet also Tiere, die nachweislich nur einer einzigen Rasse angehören), und eben Mischlinge, eine Mischung aus zwei oder mehr Rassen.
  2. Tierrassen gehen auf einen vom Menschen beabsichtigten Eingriff zurück (daher auch der Begriff „Kreuzung“) und beruhen nicht auf einem natürlichen biologischen Abgrenzungsprozess.

Jetzt muss ich mich leider wiederholen. Eigentlich ist das doch schon ausreichend, oder? Wenn wir den Begriff „Mischling“ als eine Bezeichnung verwenden, die darauf aufbaut, dass einzelne voneinander abgrenzbare, absichtlich herangezüchtete Rassen miteinander gemischt werden, dann hat der Begriff im Zusammenhang mit Menschen nichts zu suchen. Denn damit sagen wir nichts anderes, als dass wir der Meinung sind, Menschen könnten wir auch in Rassen einteilen, die sich in ihrem Erbgut soweit unterscheiden, dass sie nicht einer einzelnen Kategorie zuzuordnen sind. Solltest du diese Meinung vertreten, dann kannst du das nächste Mal, wenn du das Wort „Mischling“ für einen Menschen verwendest, auch Auskunft darüber geben, welche beiden (oder mehrere) Rassen bei der von dir so bezeichneten Person sich denn gekreuzt haben und was diese beiden voneinander unterscheidet.

Muss ich noch mehr sagen?

Ich hätte da was für dich…

Falls du offizielle Quellen suchst, die sich mit dem Begriff „Rasse“ beschäftigen, empfehle ich dir, dich beim Deutschen Institut für Menschenrechte umzusehen oder auch bei wissenschaftlichen Einrichtungen wie der Universität Jena.

Ein wunderbares Nachschlagewerk für die Erklärung rassistischer Begriffe ist Afrika und die deutsche Sprache, herausgegeben von Susan Arndt und Antje Hornscheidt (Hg.)

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…Und was soll ich sonst sagen?

Die Frage schließt sich immer an, wenn du jemanden darauf hinweist, dass ein bestimmter Begriff rassistisch sei. Das Lieblingswort umschreibe ich mal, statt es aufzuschreiben: Die Menschen mit dem Federschmuck und den Mokkasins. Kein Wunder, dass selbst kleine Kinder jetzt schon wissen, worum es geht. Obwohl hinlänglich bekannt sein sollte, dass es sich bei diesem Begriff erstens um eine Fehlbenennung, zweitens um ein Stereotyp und drittens um eine Verharmlosung von Völkermord handelt, hält er sich hartnäckig und immer wenn man den Leuten sagt, dass dies so sei, fragen sie: „Was soll ich denn sonst sagen?“

Die beste Lösung in den allermeisten Kontexten ist ganz klar:

Gar nichts.

Hä? Wie jetzt?

Bleiben wir beim Beispiel. Überleg dir am besten, wann du diesen Begriff benutzt. Ich kenne so manche Beispiele. In Hörspielen und Büchern kommt der Satz gern vor, aber auch in der Kita wurde den Kindern zugerufen: „Jetzt schleicht mal wie die I….“ Du weißt, wie es weitergeht. In einer Turn-Spiel-Gruppe hatten wir mal ein schönes Spiel. Die Kinder sollten von einem Ende der Halle zum anderen laufen und dabei die Geräusche und die Gangart verschiedener Tiere nachmachen. Die Anweisungen hießen zum Beispiel: „Jetzt stampft mal wie ein Elefant.“ Oder: „Schlängelt euch wie eine Schlange durch die Halle.“ Du wirst es raten. Eine Ansage lautete: „Nun schleicht mal wie…“

Klar, da konnte ich nicht still bleiben. Und klar, die Gegenfrage blieb nicht aus. Was sonst sagen? Jetzt macht langsam meine Antwort Sinn, oder? Weshalb, in aller Welt, muss man bei einem Spiel, in dem Tiere nachgeahmt werden, Menschen einbauen? Was haben sie dort überhaupt zu suchen? Abgesehen davon, dass dieses Rumgeschleiche und -geheule ein absolutes Stereotyp ist und nichts mit den Menschen zu tun hat, die vermeintlich mit dem Begriff gemeint sind. Dieses Wort ist zu einem Allzweck-Konsortium für unsere exotistischen Träume geworden (okay, das war jetzt vielleicht etwas wissenschaftlich angehaucht). Was ich meine: Wenn du dir die Situationen anschaust, in denen du das Wort „Indianer“ sagst, wirst du merken, dass du es in der Regel ersatzlos streichen kannst, da es nicht in den Kontext passt. Es wäre in so einem Fall kein bisschen besser zu sagen: „Nun schleicht mal wie Angehörige der indigenen Völker.“ Das wäre vielleicht der politisch korrekte Begriff, aber der Kontext ist dennoch rassistisch. Vielleicht erfüllt die Verwendung des korrekten Begriffes an der Stelle immerhin einen Zweck: Sie führt dir die Absurdität dessen vor Augen, was du gerade sagst.

Ergo: Mach dir bitte zuerst Gedanken, weshalb du einen bestimmten klischeebehafteten, stereoptypen oder rassistischen Begriff verwendest.

  • Willst du ein Kinderspiel spielen, dich verkleiden, ein Bild malen oder einen Charakter in deine Geschichte einbauen, der anders ist? Dann bringt eine neue Benennung nichts. Ersetze nicht die Begriffe, sondern ersetze die Situation, indem du Menschen aus deinem eigenen kulturellen Kontext wählst.
  • Hältst du einen Vortrag über die indigenen Völker Nord- oder Südamerikas? Oder über die Eroberung und Kolonisation dieses Kontinents? Klar, dann musst du etwas über diese Menschen sagen. In dem Fall recherchier bitte gut, welches die korrekten Begriffe zu dem Zeitpunkt sind, zu dem du den Vortrag hältst und in der Sprache, in der du ihn hältst. Begrifflichkeiten können sich nämlich ändern und werden in unterschiedlichen sprachlichen und kulturellen Kontexten anders verwendet. Du solltest immer darauf achten, was die Selbstbenennung der Menschen ist, um die es geht, und wie sie von anderen benannt werden wollen.

Weitere beliebte Beispiele:

  • „Die Eskimos haben 50 verschiedene Wörter für Schnee.“
    –> Diese Aussage kannst du ersatzlos aus deinem Wortschatz streichen. Verwende sie bitte nie als Einstieg in ein Referat, einen Vortrag oder ähnliches. Abgesehen davon, dass du hier einen rassistischen Begriff (Eskimo) verwendest, bedienst du Klischees und benutzt Beispiele aus Kontexten, die mit deinem Vortrag vermutlich nichts zu tun haben. Hast du überhaupt recherchiert, ob die Behauptung stimmt? Gibt es diese eine Sprache, in der vermeintlich 50 Wörter für Schnee auftauchen? Wusstest du, dass „Eskimo“, ähnlich „Indianer“, eine Sammel- und Fremdbezeichnung ist? Statt also zu fragen, was du stattdessen sagen solltest – diese Frage ist nämlich nicht so einfach zu beantworten, da sich die Betroffenen selbst uneinig sind – solltest du dich zuerst fragen, ob du den Begriff wirklich benötigst oder ob er inhaltlich gar nicht in dein Thema passt. Auch hier wieder: Hältst du einen Vortrag über das nördliche Polargebiet, Alaska, die Arktis oder ähnliches, macht es sicherlich Sinn, dich mit der Bezeichnung auseinanderzusetzen und zu recherchieren, wie die verschiedenen Bevölkerungsgruppen sich selbst bezeichnen und von anderen benannt werden möchten. Bitte nutze dazu unterschiedliche Quellen, die Angaben können nämlich voneinander abweichen.

Was schließen wir daraus?

Wenn du über andere Menschen sprichst oder schreibst, insbesondere, wenn diese Menschen aus einem Kontext stammen, der dir nicht vertraut ist, informiere dich genau, welche Bezeichnungen in Umlauf sind, wie sie historisch entstanden sind und was du damit aussagst. Das kann dich im Zweifelsfall vor verallgemeinernden, falschen oder rassistischen Aussagen bewahren. Es kann auch helfen, sich die Begriffe, die du gelernt hast, genauer anzuschauen. Oft kannst du ihre Unzulänglichkeit schon am Wort erkennen (Gutes Beispiel: Mischling).

Hinterfragen

Ganz wichtig: Lass dich nicht unterkriegen. Das ist alles nicht so schwer, wie es aussieht. Es bedeutet nur, dass wir uns beim Sprechen – und besonders Schreiben – etwas mehr anstrengen müssen. Und vor allem: Die Sprache, mit der wir aufgewachsen sind, sollten wir immer wieder hinterfragen. Sie ist von rassischem und kolonialistischem Denken geprägt. Wenn du nicht so denken und vor allem keine vorurteilsbehaftete Sprache an deine Kinder weitergeben möchtest, bleibt dir nichts anderes übrig, als dich damit zu beschäftigen. Zum Glück findest du dabei ganz viel Unterstützung. Auch KuLKids kann helfen. Frag uns einfach oder sieh dich in unserer Kreativ-Ecke um.

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Warum darf ich eigentlich nicht…?

XXX sagen?

Halt, stopp. Es geht nicht darum, was du sagen darfst und was nicht. Grundsätzlich darfst du nämlich alles. Natürlich gibt es Aussagen, nach denen du strafrechtlich verfolgt werden kannst. Das fällt dann in die Kategorien „Beleidigung“, „Verleumdung“ und so weiter. Darauf möchte ich hier aber nicht eingehen, da kannst du auf polizeilichen oder juristischen Blogs mehr erfahren, z. B. bei dieser erst kürzlich erschienen Story auf Jura-online, ob es eine Beleidigung sei, „schwul“ zu sagen.

Bei uns geht es darum, weshalb bestimmte Begriffe oder Wendungen verletzend sind und weshalb es in deinem Interesse sein sollte, diese Begriffe zu vermeiden. Klar, du kannst sie weiter verwenden, nach dem Motto „ist mir doch egal“. Aber dann sag nachher bitte nicht, du hättest nicht gewusst, dass diese Begriffe rassistisch sind. Oder zumindest klischeebehaftet. Jedenfalls solltest du das nicht behaupten, nachdem du diesen Blog gelesen hast. Hier findest du Hintergründe zu verschiedenen Begriffen, die zwar wissenschaftlich belegt, hier aber möglichst einfach erklärt sind. Danach verstehst du hoffentlich, wieso sie deinen Wortschatz garantiert nicht bereichern.

Los geht’s! Klicke auf einen der Begriffe und finde mehr darüber heraus. Die Liste wird nach und nach aufgefüllt.

Diese Begriffe erweitern deinen Wortschatz garantiert nicht

PS: An alle unter euch, die sich mit dem Thema auskennen: Bitte erwartet hier keinen anspruchsvollen wissenschaftlichen Beitrag. Die Informationen sind selbstverständlich wissenschaftlich fundiert. Dieser Blog hegt aber keinesfalls den Anspruch, vollständig zu sein, noch möchte ich auf alle zu betrachtenden Differenzen eingehen. Vielmehr geht es darum, zum Teil komplexe sozialwissenschaftlich-philosophische Themenfelder verständlich darzulegen. Verzeiht mir daher eine gewisse Ungenauigkeit. Sollten sich tatsächliche Fehler oder Mängel eingeschlichen haben, wichtige Punkte zu kurz kommen oder gar fehlen, bin ich natürlich dankbar, wenn ihr mich darauf aufmerksam macht. Ich bemühe mich dann schnellstmöglich um eine Korrektur.

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Was sind Privilegien?

Wenn du diese Seite angeklickt hast, möchtest du bestimmt wissen, weshalb wir uns den Aufwand gemacht haben, so etwas wie KuLKids überhaupt ins Leben zu rufen. „Für jedes Kind ein Spiegelbild“, was soll das heißen? Wieso noch eine Seite über Diversität. (*Anmerkung KuLKids: Es kann eigentlich nicht genug davon geben) Und wieso muss man schon die Kinder damit belasten? (Anmerkung KuLKids: Die Kinder sind sowieso schon vorbelastet.)

Zu viel Diversität ist anstrengend

Diese Fragen stellen viele. Oder sie fragen gar nicht. Sie behaupten einfach, dass es nicht nötig wäre. Dass wir mittlerweile von den Forderungen nach Diversität überhäuft werden. Dass man sich nicht mehr retten könnte von dieser Vielfalt und es einfach nur stören würde, dass heutzutage überall Menschen unterschiedlicher Hautfarben oder sexueller Orientierung, Transgender und Regenbogen-Familien vorkommen müssen, Menschen mit Behinderung dürfen auch nicht fehlen und dann ist da noch die Sache mit den Frauen. Habt ihr auch diesen Tinitus im Ohr?

Entschuldigung, Frauen sind gleichberechtigt, was wollt ihr eigentlich noch? Diese Gleichmacherei geht echt auf die Nerven. Ich will einfach nur in Ruhe einen netten Film schauen und mir nicht ständig darüber Gedanken machen, wer darin vorkommt und wer nicht.

Privilegien, die blind machen

Das hast du auch schon mal gedacht oder jemanden denken hören? Wusstes du auch, dass man nur so denken kann, wenn man selbst nicht betroffen ist? Wenn man sich selbst ständig und überall repräsentiert sieht, braucht man sich nicht damit zu beschäftigen, dass es anderen an Repräsentation fehlt. Diese Freiheit, sich keine Gedanken darüber machen zu müssen, ob die eigene Sichtweise in Büchern, Filmen, politischen Debatten, wirtschaftlichen Interessen, Bildungsangeboten etc. vertreten ist, nennt man Privileg. Privilegien erkennt man daran, dass sie unsichtbar sind. Ergo: Man erkennt sie nicht. Man hält sie für selbstverständlich. Sie machen uns deshalb blind für das, was andere betrifft.

Den Schuh der anderen anziehen

Falls du schon einmal mit Kinderwagen in Berlin unterwegs warst, hast du einen Vorgeschmack dessen, wie es ist, im Rollstuhl zu sitzen und ständig nach dem Fahrstuhl suchen zu müssen. Vielleicht verstehst du auch, was es bedeutet, wenn der kaputt ist. Der Unterschied: Den Kinderwagen kann ich zur Not die Treppe runtertragen. Dazu muss ich vielleicht um Hilfe bitten, aber es geht. Außerdem liegt mein Kind ja nicht für immer im Kinderwagen. In einem Rollstuhl bin ich ununterbrochen auf die Funktionstüchtigkeit der barrierefreien Ausstattung der Öffentlichkeit angewiesen. Oder auf die Unterstützung anderer. Das Privileg, mich frei überall hinzubewegen, habe ich nicht. Was nicht heißt, dass ich nicht andere Privilegien haben könnte.

Beispiel

Sitze ich als weiße, heterosexuelle cis-Frau im Rollstuhl, habe ich zwar die Benachteiligung durch zum Teil fehlende Barrierefreiheit, dennoch genieße ich die Privilegien eines weißen Menschen in einer weißen Mehrheitsgesellschaft. Im Klartext:

  • Ich werde nicht gefragt, woher ich komme
  • Noch wird mir hinterhergerufen, ich solle doch wieder dorthin zurück
  • Niemand wundert sich darüber, dass ich so gut Deutsch kann
  • Ich habe größere Chancen, wenn es um Jobs oder Wohnungen geht
Die Kehrseite: Als Frau muss ich mir mein Recht manches Mal erkämpfen, muss mich evtl. mit niedrigeren Löhnen abgeben oder mir dumme Kommentare anhören.

Da sagst du jetzt vielleicht:

Boah, schon wieder dieses leidige Thema?! Das gibt’s doch nur in Statistiken.

Frauen und Männer – ein veraltetes Märchen?

Äh, nein. Ich bin der beste Beweis dafür. Einmal hatte ich einen Kollegen (gleiche Arbeit, ähnliche Erfahrung), der mit fast 1/3 mehr Gehalt eingestellt wurde als ich. Das ist mir über Umwege zu Ohren gekommen. Als ich meinen Chef fragte, wie das sein kann, erhielt ich die Information,

dass von dem Gehalt des Kollegen schließlich die ganze Familie leben müsste.

Ein Chef

Entschuldigung?! Was ist das für ein Argument? Von meinem Gehalt hat zu dem Zeitpunkt auch die ganze Familie gelebt. Abgesehen davon sei er mit der Absicht eingestellt worden, befördert zu werden, was auch kurze Zeit später geschah. Zwar wurde ich zeitgleich ebenfalls befördert, musste dennoch darum kämpfen, dass mein Gehalt dem neuen Job angeglichen wurde. Genauso viel wie mein männlicher Kollege habe ich trotzdem nicht verdient, obwohl ich bereits mehrere Jahre im Unternehmen war und ihm weitere Jahre treu blieb. Mein männlicher Kollege verließ den Job kurze Zeit später. Guess why: Woanders hat er mehr verdient.

Vermutlich hat der Kollege von dem Drama im Hintergrund wenig mitbekommen. Als er sein Gehalt bei der Einstellung verhandelte, wusste er ja auch nicht, dass er damit mehr als alle Kolleginnen in der Abteilung verdienen würde. Er profitierte einfach von seinem Privileg, als Mann in der Gesellschaft immer noch als derjenige angesehen zu sein, der sich um die finanzielle Absicherung der Familie kümmern muss, was ihm im Job entsprechend entlohnt wurde.

Aber genug vom Thema Frau und Mann. Wenn dich das interessiert, schau bald wieder rein, dann findest du mehr dazu.

Normativität mitgedacht

Gehen wir zurück zu unserer Beispiel-Person: Sie ist heterosexuell und nicht nur weiblich geboren, sie definiert sich auch als Frau.

Als solche kann sie zum Beispiel in der Öffentlichkeit mit einem Mann Händchen halten oder sich küssen, ohne dabei fragende, belustigte, irritierte, empörte, angewiderte oder sonstwie abwertende Blicke oder Kommentare zu ernten. Sie kann dementsprechend einfach untergehen.

Selbstverständlich gibt es noch weitere Formen der Diskriminierung, die in unserem Beispiel nicht auftauchen. Man kann aufgrund einer Übergewichtigkeit diskriminiert werden oder wegen der sozialen Herkunft. Ein beruflicher und sozialer Aufstieg ist zum Beispiel sehr viel einfacher, wenn man aus akademischen Schichten kommt, die Familie Besitz aufweisen kann usw. Oder man gehört einer Religionsgemeinschaft an, die ausgegrenzt oder angefeindet wird.

Intersektionalität

Die meisten Menschen profitieren in einem Bereich von Privilegien, während sie in anderen Bereichen einer Diskriminierung unterliegen. Das nennt man Intersektionalität. Wohingegen wir von unseren Privilegien oft nichts merken und sie für selbstverständlich halten, erleben wir die Diskriminierungen bewusst. Es ist hilfreich, sich Gedanken darüber zu machen, von welchen Privilegien wir profitieren, um besser zu verstehen, was andere mit ihren Forderungen nach Gleichberechtigung immer wollen.

Übrigens können auch Benachteiligungen unbewusst erfolgen. Deshalb ist das Argument „ich kenne jemanden, der/die es nicht stört, wenn ich XXX sage“ total sinnlos. Nicht jede*r, der/die von einer Diskriminierung betroffen ist, können dies rationalisieren. Oft werden Diskriminierung gar verinnerlicht und akzeptiert, um damit leben zu können. Das bedeutet nicht, dass sie nicht da wären. So hat beispielsweise meine Großmutter einst ihr Bedauern darüber geäußert, dass sie nichts Handfestes lernen und keiner beruflichen Beschäftigung nachgehen konnte. Dies war ihr nicht vergönnt, weil sie schon als junge Frau auf ihre jüngeren Geschwister aufpassen und ihre Ausbildung aufgeben musste. Später war sie als Mutter und Ehefrau im Haushalt eingespannt. Diese Rolle hat sie nie infrage gestellt, weil sie nun einmal so vorgegeben war. Was aber nicht heißt, dass sie nicht gerne etwas anderes gemacht hätte, wenn es ihr die Gesellschaft ermöglicht hätte.* Dieses Privileg lag damals beim Mann.

Was hat das mit Kindern zu tun?

Kinder lernen von uns. Sie übernehmen unsere Vorurteile, Weltbilder – und Privilegien. Sie halten sie für selbstverständlich und wachsen wie selbstverständlich in die Rolle, die ihnen die Gesellschaft vorgibt. Deshalb ist es wichtig, schon Kinder dafür zu sensibilisieren, dass nicht alle Menschen die gleichen Voraussetzungen haben. Wir bringen ihnen ja auch bei, Wasser und Strom zu sparen, freundlich zu sein und im Team zu arbeiten. Warum also nicht auch, dass sie nicht alles für selbstverständlich halten müssen. Dazu gehören eben auch unsere Privilegien. Der einfachste Weg, das zu tun, ist, indem Menschen in ihrer Vielfalt zur Normalität werden. In Kinderbüchern. In Spielzeugen. In Kitas und Schulen. Denn auf diese Weise reduzieren sich die Privilegien mancher ganz von allein. Deshalb gibt es KuLKids.

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* Bitte denkt nicht, dass ich der Meinung wäre, sich auf Kind und Haushalt zu konzentrieren sei falsch oder mache grundsätzlich unglücklich. Jedem/r der/die das für sich entscheidet und gern macht, sei es vergönnt. Problematisch finde ich es, wenn Menschen (i.d.R. Frauen) in diese Rolle gedrängt werden und nicht für sich entscheiden können, ob dies für sie der richtige Weg ist. Es geht hier also um das Privileg, eine Entscheidung für oder gegen beruflichen Aufstieg, Sorge um die Familie, Kindererziehung, Arbeit im Haushalt treffen zu können.